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Marokko plant breiten Einstieg in den Schiffbau

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Marokko will seine Werften erheblich ausbauen. Für Schiff- und Anlagenbauer sowie Ingenieurbüros aus Deutschland eröffnen sich dadurch Geschäftschancen.

Schiff

Von Ullrich Umann | GTAI

 

An den Standorten Agadir, Casablanca, Tan Tan, Tanger West und Dakhla Atlantique werden bisher nur Schiffe repariert und leichte Boote, vor allem für die Fischerei, gebaut. Das ist zu wenig für ein Land mit 3.500 Kilometern Küste, das zudem an der Schnittstelle von Atlantik und Mittelmeer liegt und über leistungsfähige Häfen verfügt. Zu dieser Schlussfolgerung gelangt eine Studie des marokkanischen Wirtschafts-, Sozial- und Umweltrates CESE.

 

Marokko will Bau von Handelsschiffen vorantreiben

 

Der Status quo der Werften und der Handelsschifffahrt wird der Bedeutung Marokkos als logistische Drehscheibe zwischen Europa und Westafrika nicht mehr gerecht. Das Königreich soll sich unabhängiger von ausländischen Handelsflotten machen und den Bau weiterer Handelsschiffe vorantreiben - aktuell fahren nur 17 Hochseeliner unter marokkanischer Flagge. Da CESE beide Kammern des Parlaments und die Regierung berät, ist davon auszugehen, dass mit der Studie der Startschuss für ein nationales Schifffahrts- und Werftenprogramm gegeben wurde. Zumal dieses Großvorhaben in Regierungskreisen seit längerem diskutiert wird.

 

Deutsche Werften, aber auch der spezialisierte deutsche Maschinen- und Anlagenbau sowie Architektur- und Planungsbüros stoßen sowohl bei den Regierungsressorts als auch in den Hafen- und Stadtverwaltungen auf offene Ohren, wenn sie entsprechende Kooperationsangebote unterbreiten. Als ein zentraler Ansprechpartner steht unter anderem die staatliche Hafenbehörde Agence Nationale des Ports (ANP) zur Verfügung. 

 

Deutschland exportiert maritime Technologien sowie Werft- und Schiffbautechnik im Jahreswert von rund 40 Millionen Euro nach Marokko. Diese Waren und Ausrüstungen werden sowohl für den Ausbau der maritimen Infrastruktur als auch zur Unterstützung der Schiffsreparatur und -wartung eingesetzt. Zu den wichtigsten Technologien und Produkten, die Deutschland in diesem Bereich liefert, gehören:

 

  • leistungsstarke Schiffsantriebe und Motoren (MTU Friedrichshafen, MAN Energy Solutions)
  • Getriebe, Propeller, Navigationssysteme und Radartechnik (Siemens, Bosch Rexroth)
  • Schweißmaschinen, Kräne, Hebezeuge und andere technische Ausrüstungen, die für Wartungs- und Reparaturarbeiten benötigt werden
  • Automatisierungssysteme für Schiffe (Navigation, Kommunikation und Überwachung), um den Energieverbrauch zu optimieren und die Sicherheit zu erhöhen
  • Abgasreinigungssysteme wie Scrubber und Ballastwasserbehandlungssysteme
  • Containerkräne, Portalkräne und automatisierte Systeme zur Effizienzsteigerung im Güterumschlag eingesetzt (Liebherr, Konecranes) 

 

Standortvorteile für Werften in Marokko

 

  • stark wachsender Außenhandel
  • stabiles makroökonomisches Umfeld
  • moderate Personalkosten
  • Verfügbarkeit von Arbeitskräften
  • günstige geografische Lage an der Schnittstelle zweier Weltmeere
  • gut ausgebaute Transport- und Logistikinfrastruktur
  • Zulieferindustrie für die Automobil- und Luftfahrtindustrie, die auch Werften beliefern kann

 

Die zunehmende Erzeugung grüner Energie und die bevorstehende Produktion von grünem Wasserstoff dürften sich ebenfalls positiv auf die Schiffbauindustrie auswirken. Dies ermöglicht die Entwicklung eines umweltfreundlichen Schiffbaus. Realistischerweise werden Werftprojekte in ihrer Frühphase auf eine reine Montage von mittleren und größeren Wasserfahrzeugen hinauslaufen. 

 

Werften bleiben importabhängig

 

Denn weder werden die im Schiffbau verwendeten Stahl- und Eisenlegierungen noch die Innenausrüstungen für Großschiffe wie Motoren, Getriebe, Elektroaggregate sowie hochwertige Schiffstechnik in Marokko hergestellt. Sie müssen importiert werden, zumindest aus heutiger Sicht. Ähnliche Konstellationen treffen für die sehr erfolgreichen Montageindustrien für Pkw und Flugzeugteile in Marokko zu: Der Anteil der örtlichen Wertschöpfung kommt selbst hier seit Jahren nicht über die Marke von 60 Prozent hinaus. Im Schiffbau dürfte der local content sogar noch geringer ausfallen.

 

Die marokkanische Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um ausländische Investitionen im maritimen Sektor zu fördern. Dazu gehören Steuererleichterungen, Vereinfachungen bei Investitionsgenehmigungen und staatliche Unterstützung bei Infrastrukturprojekten. Außerdem wurde das Schiffbauindustrie-Cluster CINM gegründet, das private und öffentliche Akteure zusammenbringt. Ziel dieser Initiative ist es, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren, darunter Reedereien, kleinen und mittleren Handwerks- und Zulieferbetrieben sowie Ausbildungszentren zu stärken.

 

Ausländische Werften testen Engagement in Marokko

Zwischen den Reparaturwerften Casablanca und Tanger Med bestehen erste Kooperationen mit ausländischen Werften. So führen die beiden marokkanischen Werke Arbeiten in den Bereichen Schiffstechnik, Wartung und Reparatur im Auftrag ausländischer Großkunden, zum Beispiel aus Frankreich und China, durch. Die ausländischen Auftraggeber, darunter Werften, profitieren von den günstigeren Reparaturkosten in Marokko und testen gleichzeitig aus, ob handfeste Investitionen in marokkanische Werften langfristig für sie von Vorteil wären.

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