Top-Thema: In Marokko stehen zahlreiche Projekte an
Marokko öffnet strategisch wichtige Märkte für private Investoren, beispielsweise in den Bereichen Sanierung, Modernisierung und Stärkung des Wassersektors. Allein im Bereich der Meerwasserentsalzung sind in den nächsten zehn Jahren 53 Vorhaben in der Realisierung beziehungsweise in der Planung. Hinzu kommt der Bau künstlicher Wasserreservoirs, unter- und überirdischer Verbindungskanäle, die Errichtung von Klärwerken sowie Bewässerungsanlagen für die Landwirtschaft.
Wichtig für die wirtschaftliche und regionale Entwicklung sind ferner öffentlich-private Investitionen in die Transportinfrastruktur und Logistik. Die Eisenbahngesellschaft ONCF veröffentlichte Tender zum Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken sowie zur Beschaffung rollenden Materials. Geplant sind aber auch LNG-Terminals, der Ausbau von Häfen und die Verlängerung des Straßen- und Autobahnnetzes.
Mit der Ausrichtung der Fußball-WM 2030 gemeinsam mit Spanien und Portugal werden Pläne zum Bau von Sportstätten, Fanmeilen, Transporttrassen sowie Unterbringungs- und Versorgungseinrichtungen für Zuschauer ausgearbeitet und veröffentlicht. Städte wie Casablanca, Rabat, Agadir, Marrakesch und Tanger bereiten sich auf den Ausbau von Sportstätten und Parks, des öffentlichen Personennahverkehrs, von Bahnhöfen und Flughäfen, unterirdischen Parkplätzen sowie Einrichtungen des Fremdenverkehrs vor.
Wirtschaftsentwicklung: Dienstleistungen, Agrar- und Exportbranchen geben Wachstumsimpulse
Das Wachstum der marokkanischen Wirtschaft beschleunigt sich. Im Jahr 2023 erreichte der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) 3 Prozent gegenüber 1,3 Prozent im Vorjahr. Unter anderem erholte sich die landwirtschaftliche Produktion nach der Dürre von 2021/22. Die Exporte von Autos, Flugzeugteilen, Düngemittel, Bergbauprodukten, Textilien und Lederwaren sowie die Belebung des Dienstleistungssektors haben zusätzlich zum Wachstum beigetragen. Dagegen fielen die wirtschaftlich negativen Auswirkungen des Erdbebens vom 8. September 2023 moderat aus.
Für 2024 und 2025 prognostizieren der Internationale Währungsfonds (IWF) sowie die Afrikanische Entwicklungsbank Wachstumsraten von rund 3,5 Prozent. So sorgen verbesserte Ergebnisse in der Agrarproduktion, weiterhin die abflauende Inflation sowie soziale Transferleistungen für einen steigenden Konsum. Die privaten Investitionen profitieren insbesondere vom Wiederaufbau der vom Erdbeben 2023 zerstörten Gebiete, weiterhin von den umfangreichen Vorhaben in den Sektoren Wasser, Energie und Infrastruktur.
Probleme bereitet die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von 13,3 Prozent. Besonders hoch fällt diese mit 17 Prozent in städtischen Gebieten aus. Bei den 15- bis 24-Jährigen liegt die Arbeitslosenquote sogar bei 38,2 Prozent, wovon 49,7 auf urbane und 23,3 Prozent auf ländliche Regionen entfallen.
Der Staat will das private Engagement, darunter Investitionen aus dem Ausland, gleich mit mehreren Maßnahmen stimulieren. Die jüngste Fassung der Investitionscharta nennt dafür Steuer- und Zollbefreiungen, klare Gewerberegeln, Bürokratieabbau und den Rückzugs des Staates aus regulierten Märkten. Mit der 2024 veröffentlichten Initiative "Offre Maroc Hydrogène Vert" sollen ausländische Investoren speziell für den Aufbau der Wasserstoffwirtschaft gewonnen werden.
Eigens zur besseren Durchführung von Großprojekten wurde das Gesetz zur Gründung öffentlich-privater Partnerschaften verabschiedet, weiterhin der Mohammed VI-Investitionsfonds aufgelegt sowie die Nationale Agentur zum strategischen Management von Staatsholdings gegründet.
Dank robuster Steuerzuflüsse und graduellen Subventionsabbaus gelang es 2023, das Haushaltsdefizit von 5,2 auf 4,7 Prozent vom BIP zurückzufahren. Gemäß dem aktuellen Haushaltsgesetz wird die Konsolidierung 2024 fortgesetzt bis hin zur völligen Streichung staatlicher Preisstützen ab 2025 für Butangas, Weizen und Zucker. Zur sozialen Abfederung werden die staatliche Krankenversicherung ausgeweitet und Transferleistungen für die Bedürftigsten erbracht. Die Reform der Körperschaftsteuer, insbesondere ihre Ausweitung auf den informellen Unternehmenssektor, soll dem Staatshaushalt zusätzliche Einnahmen garantieren.
Die deutsche Perspektive: Potenzial nicht ausgeschöpft
Deutschland liegt im Ranking der Handelspartner abgeschlagen auf Platz 8. Mit einem Handelsvolumen von knapp 6 Milliarden Euro schöpft der Waren- und Dienstleistungsaustausch die Potenziale beider Länder längst nicht aus.
Die deutsche Wirtschaft investiert nur wenig. Sowohl das wertmäßige Investitionsvolumen als auch die Projektanzahl sind überschaubar: Die in Marokko investierte Summe macht aktuell 0,09 Prozent am gesamten Kapitalbestand deutscher Unternehmen im Ausland aus. Die Zahl niedergelassener deutscher Unternehmen mit einer eigenen Produktion oder Serviceinfrastruktur schwankt um die 30.