Marokko ist für die deutsche Automobilindustrie in mehrfacher Hinsicht interessant: Mit 613.000 gefertigten Pkw pro Jahr ist das Königreich 2023 zum wichtigsten Montagestandort Afrikas geworden. In einem Zeitraum von nur zwei Jahren soll der Ausstoß sogar auf 1 Million Pkw ansteigen, wie die marokkanische Regierung verlauten ließ. Diese Ankündigung dürfte auf einer realistischen Basis beruhen, denn die beiden größten niedergelassenen Automobilbauer Renault und Stellantis erhielten eine öffentliche Förderung, die an Bedingungen, darunter Stückzahlen in der Pkw-Montage, geknüpft ist.
Wachsende Nachfrage nach Kfz-Teilen
Für deutsche Kfz-Teilehersteller ergeben sich aus dem schnellen Produktionswachstum neue Liefermöglichkeiten. Läuft das Geschäft gut, käme sogar der Aufbau weiterer lokaler Produktionsniederlassungen in Betracht. Zumal von den marokkanischen Standorten aus sowohl alle OEM vor Ort als auch in der EU, in den USA sowie in der Türkei schnell und kostengünstig beliefert werden können. Die Freihandelsabkommen, die Marokko mit der EU, den USA, aber auch mit der Türkei sowie afrikanischen Staaten verbinden, bieten für derartige Exporte stabile rechtliche Rahmenbedingungen.
Die AHK Marokko organisiert die Teilnahme marokkanischer Kfz-Teilehersteller an der Internationalen Zulieferbörse IZB, die in der Zeit vom 22.10. bis 24.10.24 in Wolfsburg stattfindet. Deutschen Firmen bietet sich damit eine günstige Gelegenheit für bilaterale B2B-Gespräche.
Weiterhin findet vom 14.11. bis 17.11.24 die Messe für Kfz-Ersatzteile und Werkstattbedarf (MAT 2024) in Casablanca statt.
Aktuell werden die zwei Montagewerke von Renault in Tanger und Casablanca sowie das Montagewerk von Stellantis in Kenitra zu 80 Prozent von den 220 niedergelassenen Teileherstellern im Inland und zu 20 Prozent aus dem Ausland beliefert. Aus Deutschland haben sich zum Beispiel die Kfz-Teilehersteller Kostal, Leoni, SCS, BCS Automotive Interface Solutions, Helukabel, Bertrand, FEV Consulting, Bosch und Continental niedergelassen. Investitionen von bis zu 10 Milliarden Euro in den Aufbau neuer Fertigungsstätten haben chinesische Hersteller von Kfz-Teilen angekündigt. Dabei stellt das Engagement der chinesischen Investoren vor allem auf Komponenten zum Einbau in Elektrofahrzeuge ab, die in Europa und Nordamerika montiert werden.
Dieselfahrzeuge dominieren die Neuzulassungen
Interessant ist Marokko aber nicht allein als Produktions- und Montagestandort, sondern auch als Absatzmarkt für fabrikneue deutsche Markenfahrzeuge. So sticht bei näherer Betrachtung der etwa 160.000 Neuzulassungen pro Jahr ins Auge, dass es sich in 85 Prozent der Fälle um Pkw mit Dieselmotoren handelt - bei dieser Antriebsart sind deutsche Automobilbauer besonders stark. Dennoch fahren die deutschen Markenhersteller und ihre Ableger Skoda und Seat auf dem marokkanischen Markt in den Segmenten der Klein- und Mittelklassefahrzeugen ihren Wettbewerbern aus Frankreich, Italien, Korea und Japan hinterher. Wogegen Audi, BMW und Mercedes sich im Premiumsegment die ersten drei Plätze teilen, gefolgt von Volvo, Jeep, Land Rover, Porsche, Alfa Romeo, Mini, Lexus und Jaguar. Gemessen an allen Neuzulassungen hielten Premiumfahrzeuge 2023 einen Anteil von annähernd 11 Prozent.
Als ein neuer Trend hat sich die steigende Zahl von Automarken heraus geschält, die sich auf dem Markt etablieren. So boten 2023 insgesamt 24 Hersteller ihre Fahrzeuge an, wogegen es im Jahr zuvor erst 18 waren. Dementsprechend hat sich auch die Modellpalette von 71 auf 82 erweitert. Zurückzuführen war diese Entwicklung zum Teil auf die Markteinführung von Elektrofahrzeugen, etwa der chinesischen Marke BYD. Doch blieb der Anteil der zugelassenen Elektrofahrzeuge mit einem Anteil von 0,3 Prozent äußerst gering. Experten führen das unter anderem auf fehlende Kaufzuschüsse der Regierung oder der Hersteller sowie auf das landesweit noch dünne Ladesäulennetz zurück.