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Deutsche Firmen profitieren von Marokkos Arbeitskräftepotenzial

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Deutsche Firmen in Marokko können mit Hilfe ihrer lokalen Arbeitskräfte erfolgreich wirtschaften. Auch wurden 2024 die ersten Fachkräfte nach Deutschland vermittelt.

Marché du travail

Von Ullrich Umann | GTAI

 

Marokko punktet mit einer ausgebauten Infrastruktur, seiner geografischen Nähe zu Europa sowie stabilen Rahmenbedingungen in Wirtschaft, Politik und in der Rechtsprechung. Jedoch muss die Regierung dringend Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erzielen. Schon deshalb werden ausländische Investoren mit offenen Armen empfangen. 

 

Europäische Hersteller siedeln sich in Marokko wegen moderater Personalkosten und dem durchschnittlich guten Bildungsstand der Bevölkerung an, vorwiegend in der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Die Hochschullandschaft ist leistungsfähig. Die Berufsausbildung ist entwickelt, jedoch von der Unternehmenswelt teilweise abgekoppelt. 

 

Stärken des Arbeitsmarkts

  • Moderate Personalkosten
  • Leistungsfähige staatliche Arbeitsagentur (ANAPEC)
  • Berufsschulen für die wichtigsten Branchen vorhanden

 

Schwächen des Arbeitsmarkts

  • Berufsbildung benötigt mehr Praxisorientierung
  • Neue Mitarbeiter benötigen in der Startphase intensive Schulungen
  • Große regionale Unterschiede beim Ausbildungsgrad von Bewerbern

Fachkräfte

Arbeitgeber können bei Stellenbesetzungen aus einer Vielzahl von Bewerbern auswählen. Doch nur die wenigsten sind auf Anhieb geeignet. Meist fehlt es an praktischer Erfahrung.

 

Marokko gehört zu den Ländern, in denen aktiv nach Fachkräften für den Einsatz in Deutschland geworben wird. Gleich mehrere Gründe sprechen dafür: Die Jugendarbeitslosigkeit ist mit 39,5 Prozent exorbitant hoch. Die schulische, berufsschulische und universitäre Ausbildung beruht mit Französisch, Arabisch und Englisch auf drei Sprachen. Dadurch sind marokkanische Fachkräfte flexibel in vielen Ländern einsetzbar. Eigentlich liegt es auf der Hand, dass auch deutsche Firmenniederlassungen in Marokko relativ leicht Fachkräfte für den Eigenbedarf rekrutieren können.

 

Im Grunde genommen ist es auch so. Jedoch können Arbeitgeber bei Neueinstellungen nicht auf Weiterbildungsmaßnahmen verzichten. Hier muss jeder Arbeitgeber investieren, insbesondere wenn es um technische Berufe und Tätigkeiten im unmittelbaren Produktionsprozess geht. Selbst wenn die Neueinsteiger eine formale Berufs- oder Hochschulausbildung absolviert haben und damit über ein solides theoretisches Rüstzeug verfügen, fehlt es ihnen nicht selten an praktischen Erfahrungen. Auch ist den neuen Mitarbeitenden die aus Deutschland in die marokkanische Niederlassung transferierte Unternehmenskultur anfangs gänzlich unbekannt. Befristete Schulungen im deutschen Mutterhaus können dafür eine Lösung bieten. 

 

Vertriebs- und Produktionsniederlassungen zeigen unterschiedlichen Personalbedarf

Die in Marokko niedergelassenen deutschen Firmen teilen sich je nach Geschäftsmodell in zwei Lager auf. Die mit 270 Unternehmen übergroße Mehrzahl konzentriert sich ausschließlich auf den Vertrieb importierter Industriewaren und Dienstleistungen. Für sie ist die Absatzentwicklung in Marokko ausschlaggebend. Niedrige Löhne spielen für sie eine untergeordnete Rolle, zumal die Gehälter für qualifiziertes Vertriebspersonal im Vergleich zu anderen Berufsgruppen höher ausfallen. Beim Führungspersonal orientieren sich die Gehälter sogar am internationalen Durchschnitt. Erfahrene Niederlassungs- und Vertriebsstellenleiter müssen teilweise aus dem Ausland abgeworben werden. 

 

Geringe bis moderate Lohnkosten sind dagegen das einzig ausschlaggebende Investitionsmotiv für etwas mehr als 30 deutsche Firmen. Diese fertigen in Marokko industrielle Vor- und Zwischenprodukte beziehungsweise erstellen Dienstleistungen, unter anderem für den Export nach Deutschland oder in andere Länder. Einige von ihnen haben sogar ehemalige Standorte in Mittel- und Osteuropa wegen der dort gestiegenen Lohnkosten verlassen.

 

Neben Herstellern von Kabelbäumen und Kfz-Bordelektrik gehören dazu Produzenten von Komponenten für die Luft- und Raumfahrtindustrie, von Pumpen und Ventilen für die Wasserwirtschaft, von qualitativ hochwertigen Baustoffen sowie chemischen Produkten. Logistiker und IT-Dienstleister sind ebenfalls vertreten. Deutsche Betreiber von Callcentern sind zwar an Investitionen interessiert, haben aber Schwierigkeiten, genügend Bewerber mit Deutschkenntnissen zu finden. 

 

Mitarbeitende mit Kenntnissen in Arabisch, Französisch oder Englisch sind dagegen relativ leicht zu rekrutieren. Hochschulabsolventen verfügen in der Regel über Englischkenntnisse auf A2- bis B1-Niveau. Arabisch bezeichnen 99,2 Prozent der Bevölkerung als ihre Muttersprache, weitere 57,7 Prozent beherrschen Französisch. Darüber hinaus kommunizieren die Menschen in einigen Regionen in den Berbersprachen Tamazight, Tachelhit und Tarifit, die unter dem Oberbegriff Amazigh zusammengefasst werden. Im Norden Marokkos ist Spanisch als Fremdsprache verbreitet, vor allem in der Großstadt Tanger. Die Analphabetenquote liegt derzeit bei 24,8 Prozent. Zehn Jahre zuvor lag der Vergleichswert noch bei 32,2 Prozent. 

 

Drei Säulen der Berufsausbildung

Die berufliche Ausbildung in Marokko basiert auf drei Säulen. Dabei handelt es sich erstens um staatliche Ausbildungsstätten, zweitens Berufsschulen regionaler Handwerkskammern sowie drittens private Bildungsträger. Die staatlichen Einrichtungen bieten Kurse in verschiedenen Berufen an. Allerdings bemängelt die Wirtschaft, dass die Lehrinhalte oft theorielastig ausfallen und nicht in jedem Fall den praktischen Anforderungen der Unternehmen entsprechen. Die zweite Säule bildet in handwerklichen Berufen für kleine und mittlere Betriebe aus und ist in Ansätzen mit dem deutschen dualen System vergleichbar. Private Bildungsträger verdienen ihr Geld mit kostenpflichtigen Kursen. Zugang haben hier ausschließlich Jugendliche aus Familien, die sich die Ausbildungsgebühren leisten können. Aber auch in den privaten Einrichtungen liegen die Schwerpunkte auf der Vermittlung von Wissen und weniger auf berufspraktischen Erfahrungen.

 

Die Verfügbarkeit von Fachkräften hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Branche und spezifischen Anforderungen der Unternehmen sowie der Region. So herrscht innerhalb des Landes ein starkes Entwicklungsgefälle. Der mit 80 Prozent übergroße Anteil an Unternehmen befindet sich in der Metropolregion Casablanca-Settat, in der mehr als 30 Prozent des Brutoinlandsprodukts erwirtschaftet wird. Es folgen die aktuell schnell wachsenden Industriezone in der Region Tanger, aber auch die Städte Kénitra, Fès-Meknès, Marrakesch und Agadir. Künftig dürfte Nador für die Unternehmensansiedlung interessant werden. Dort entsteht gerade ein moderner Mittelmeerhafen.

 

Die Arbeitslosenquote fällt regional äußerst unterschiedlich aus. Zwar befinden sich die meisten Unternehmen in den Städten, doch leben hier gleichzeitig auch die meisten Arbeitssuchenden. So fiel die amtliche Arbeitslosenrate im 4. Quartal 2024 in den Städten mit 16,9 Prozent wesentlich höher aus als auf dem Land, wo ein Vergleichswert von 6,8 Prozent errechnet wurde. Ein Grund dafür ist in der Binnenmigration vom Land in die Städte, ein weiterer in der sicherlich regional qualitativ unterschiedlichen Datenerhebung zu finden, die beide zu diesem amtlichen Ergebniss geführt haben.


 

Fachkräfteanwerbung aus Marokko

Deutschland und Marokko haben eine Migrationspartnerschaft vereinbart. Deutsche Unternehmen können auf dieser Grundlage Auszubildende aus dem nordafrikanischen Land rekrutieren. 

 

Am 24. Januar 2024 haben Deutschland und Marokko eine umfassende Migrationspartnerschaft vereinbart. Ziel dieser Partnerschaft ist es, die irreguläre Migration zu reduzieren und die legale Arbeitsmigration zu fördern. Die Vereinbarung sieht die Schaffung einer bilateralen Arbeitsstruktur vor, um Maßnahmen zur Sicherheit beider Länder kontinuierlich abzustimmen.

 

Ein zentrales Anliegen der Partnerschaft ist die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Marokko, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Darüber hinaus wird eine Rückführungskooperation für marokkanische Staatsangehörige ohne Bleiberecht in Deutschland etabliert.

 

Mehrstufiges Bewerbungsverfahren mit dem Programm THAMM 

Zur Umsetzung der Fachkräfteanwerbung wurde eine Kooperation zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vereinbart. Gemeinsam führen sie das Programm THAMM beziehungsweise THAMM Plus durch, das auf sichere und faire Arbeitsmigration abzielt. Das Programm wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) sowie dem EU-Treuhandfonds für Afrika finanziert und rekrutiert Fachkräfte aus Marokko, Tunesien und Ägypten.

 

Das Projekt umfasst ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren mit Sprachkursen und technischer Weiterbildung zur Vorbereitung auf den deutschen Arbeitsmarkt. Nach erfolgreicher Auswahl unterstützen die Initiatoren die Fachkräfte bei Visumverfahren und Anerkennungsprozessen. Nach der Anerkennung ihrer Qualifikationen wird eine Übersiedlung sowie eine Festeinstellung in einem deutschen Unternehmen angestrebt.

 

Bauwirtschaft und verarbeitendes Gewerbe im Fokus

Zusätzlich hat die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) eine Vermittlungsabsprache mit der Arbeitsagentur ANAPEC getroffen, um 400 Fachkräfte speziell für die Bauwirtschaft und elektrotechnische Industrie zu rekrutieren.

 

Die AHK Marokko (Deutsche Industrie- und Handelskammer in Marokko) unterstützt im Rahmen des Projekts ProRecognition Fachkräfte bei der Anerkennung ihrer in Marokko erworbenen Berufsqualifikationen in Deutschland. Sie bietet persönliche Beratungen an, um über den Anerkennungsprozess zu informieren, einschließlich der benötigten Dokumente und des Antragsverfahrens. 

 

Auch vermittelte die AHK im Oktober 2024 marokkanische Auszubildende für Metalltechnik, Konstruktionsmechanik, Zerspanungsmechanik und Industriemechanik im Rahmen der Fachkräftevermittlung an Unternehmen im Raum Freiburg und Trier, darunter Herrenknecht, Stihler, RMA und Schauenberg. An diesem Vermittlungsvorhaben waren gleichfalls die IHK Südlicher Oberrhein und die IHK Trier aktiv beteiligt. Vor der Ausreise hatte die AHK alle Auszubildenden sprachlich (B2-Niveau Deutsch) und kulturell auf das Leben und Arbeiten in Deutschland vorbereitet.

Personalsuche und Personalmanagement

Die Personalsuche gestaltet sich in Marokko recht einfach. Staatliche und private Vermittler leisten hier gute Hilfestellungen.

 

Deutsche Unternehmen, die in Marokko Niederlassungen gründen und Personal suchen, haben die Möglichkeit, sich sowohl an staatliche als auch private Akteure zu wenden. Zu den zentralen Einrichtungen zählen die staatliche Arbeitsagentur ANAPEC und die Deutsch-Marokkanische Auslandshandelskammer (AHK).

 

Dienstleistungen der Arbeitsagentur ANAPEC

ANAPEC unterstützt Arbeitgeber bei der Rekrutierung von Arbeitskräften, indem sie geeignete Kandidaten aus ihrer Datenbank vorschlägt. Zudem bietet ANAPEC Informationen zu verschiedenen Arbeitsverträgen einschließlich Praktikumsverträgen, die darauf abzielen, junge Talente zu fördern. Diese Verträge ermöglichen es Arbeitgebern, Kandidaten während einer Probezeit zu testen und sie anschließend kostengünstig einzustellen. Arbeitgeber, die ANAPEC-Verträge nutzen, sind für die ersten 12 Monate von der Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen befreit. Mündet die Probezeit in einen unbefristeten Arbeitsvertrag, übernimmt ANAPEC für weitere 12 Monate den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung.

 

Zusätzlich bietet ANAPEC Beratungsdienste an, um Arbeitgeber über den Arbeitsmarkt, rechtliche Anforderungen und bewährte Praktiken im Personalmanagement zu informieren. Dazu gehören auch Schulungen und Workshops zur Verbesserung der Rekrutierungsstrategien. Regelmäßig organisiert ANAPEC Jobmessen und Networking-Events, bei denen Arbeitgeber direkt mit potenziellen Mitarbeitern in Kontakt treten können.

 

Dienstleistungen der AHK Marokko

Die AHK schöpft aus dem Wissen ihrer mehr als 900 Mitgliedsunternehmen, darunter auch Firmen zur Personalvermittlung. Sie betreibt eine Plattform zur Zusammenführung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im deutsch-marokkanischen Geschäftsumfeld. Mitgliedsunternehmen können Stellenangebote veröffentlichen und gezielt nach geeigneten Kandidaten suchen. Durch ihre Mitgliedschaft erhalten Unternehmen Zugang zu einem breiten Netzwerk von Kontakten und Ressourcen, die bei der Personalrekrutierung hilfreich sind. 

 

Angebot kommerzieller Personalvermittlungen

Darüber hinaus arbeiten zahlreiche nationale und internationale Personalvermittlungen auf kommerzieller Basis und unterstützen Unternehmen bei der Suche und Einstellung von Mitarbeitern. Private Personalvermittlungen bieten darüber hinaus Dienstleistungen an, die im öffentlichen Sektor nicht verfügbar sind, darunter die temporäre oder unbefristete Übernahme des Personalmanagements im Outsourcing-Verfahren. In diesen Fällen geht die Vorbereitung des Personalauswahlverfahrens sowie das Vertragsmanagement auf die Personalvermittlung über.

 

In der Anfangsphase einer Firmengründung können entsandte Unternehmensvertreter aus Deutschland ausgewählte Personalvermittlungen auch als virtuellen Arbeitgeber nutzen, um einen lokalen Arbeitsvertrag abzuschließen und somit die in Marokko anfallenden Steuern und Sozialabgaben zu regeln. Dies ermöglicht es ihnen, die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsgenehmigung zu erfüllen. Für Leitungsfunktionen können die Personalvermittlungen auf Wunsch eine internationale Suche einleiten.

 

Die Personaldienstleister unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Dienstleistungen, Zielgruppen und Spezialisierungen. Wichtige Unterschiede sind:

- Spezialisierung auf Branchen: Einige Dienstleister konzentrieren sich auf spezifische Branchen wie Technologie oder Bauwirtschaft, andere decken eine breitere Palette ab.

- Art der Dienstleistungen: Einige Anbieter bieten ausschließlich Vermittlungsdienste an, andere stellen Full-Service-Lösungen bereit, einschließlich Schulungen und HR-Beratung (Human Resources).

- Zielgruppen: Einige Dienstleister richten sich hauptsächlich an lokale Unternehmen, andere unterstützen vor allem internationale Firmen.

- Rekrutierungsmethoden: Einige Dienstleister setzen auf traditionelle Methoden wie Jobmessen, andere nutzen digitale Plattformen.

- Vertragsarten: Einige Anbieter spezialisieren sich auf temporäre Anstellungen, andere offerieren bevorzugt unbefristete Verträge.

- Unterstützung bei der Integration: Einige Dienstleister bieten zusätzliche Dienstleistungen an, beispielsweise Sprachkurse oder interkulturelle Trainings.

Lohne und Gehälter

Die Durchschnittseinkommen steigen jährlich zwischen 5 und 9 Prozent, je nach Branche. Auch der gesetzliche Mindestlohn wurde 2025 um 5 Prozent angehoben.

 

Seit dem 1. Januar 2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn (marokkanische Bezeichnung: SMIG) für nicht-landwirtschaftliche Tätigkeiten 3.045,96 Marokkanische Dirham (MAD) pro Monat. Das entspricht etwa 284 Euro. Die gesetzliche Mindestgrenze für den Stundenlohn wurde auf 17,10 MAD festgelegt. 
Im landwirtschaftlichen Sektor wird seit dem 1. April 2025 ein Mindestlohn (SMAG) von 2.255 MAD beziehungsweise rund 209 Euro monatlich garantiert. Der gesetzliche Mindesttageslohn in der Landwirtschaft liegt bei 93 MAD.

 

Abgestufte Durchschnittsgehälter

Die Durchschnittsgehälter variieren nach verschiedenen Kriterien, darunter:

- Standort des Arbeitgebers: Verfügbarkeit von ausgebildetem Personal und Infrastruktur.

- Branche: Ausbildungsgrad der benötigten Arbeitskräfte.

- Nationale Herkunft des Arbeitgebers: Internationale Firmen zahlen häufig höhere Gehälter, um Talente zu gewinnen.

 

In der Industrie liegt das Durchschnittsgehalt für Berufsanfänger zwischen 500 und 1.000 Euro pro Monat. Bei berufserfahrenen Arbeitnehmern bewegt sich das Gehalt zwischen 1.500 und 2.000 Euro, während Führungspositionen darüber liegen. Eine besonders hohe Nachfrage nach Fachkräften besteht in der Automobil-, Luftfahrt-, Pharma- und Chemieindustrie sowie in der Nahrungsmittel- und Getränkebranche.

 

Dienstleistungssektor zahlt die höchsten Löhne

Im Dienstleistungssektor sind die Gehälter für hochqualifizierte Fachkräfte höher als in der Industrie. Beispielsweise verdienen erfahrene Fachärzte im privaten Gesundheitssektor zwischen 4.000 und 10.000 Euro, Piloten in Luftfahrtunternehmen zwischen 5.000 und 7.000 Euro, Informatiker in der IT-Wirtschaft zwischen 1.000 und 3.000 Euro sowie Analysten und Wirtschaftsprüfer in der Finanzwirtschaft zwischen 2.000 und 5.000 Euro.

 

Die meisten Firmenniederlassungen befinden sich im Großraum Casablanca, gefolgt von Tanger, Kénitra, Fès und Marrakesch. Dabei nehmen die Durchschnittsgehälter in dieser Reihenfolge ab. Die niedrigsten Löhne werden in strukturschwachen ländlichen Gebieten gezahlt.

 

Die Sozialabgaben setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer tragen. Insgesamt belaufen sich die Arbeitgeberbeiträge auf 21,09 Prozent des Bruttogehalts. Dabei gilt für die Berechnung der Beiträge eine Obergrenze von 6.000 MAD. Die Arbeitnehmer tragen insgesamt 6,74 Prozent ihres Bruttogehalts an Sozialabgaben, ebenfalls mit einer Obergrenze von 6.000 MAD.

Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht in Marokko weist mehrere Besonderheiten auf. Auf der einen Seite ist es streng reguliert, auf der anderen Seite erweist es sich auch als flexibel anwendbar.

Das marokkanische Arbeitsrecht ist im "Code du Travail" (Loi n° 65-99) geregelt, der durch verschiedene Dekrete ergänzt wird. Für Führungskräfte sind zudem das Gesellschaftsgesetz (Loi n° 5-96) und das Gesetz über Aktiengesellschaften (Loi n° 17-95) relevant. Bei ausländischen Beschäftigten sind spezielle Vorschriften des Ausländer- und Aufenthaltsrechts zu beachten. 

 

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Mindestlohn: Der marokkanische Mindestlohn („SMIG“) wird regelmäßig per Verordnung angepasst. Arbeitnehmer haben zudem Anspruch auf einen Dienstalterbonus, der gestaffelt nach Dienstjahren gewährt wird. Seit dem 01.01.2025 beträgt der marokkanische Mindestlohn für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten 

  • 17,10 MAD (aktuell ca. 1,64 EUR) pro Stunde und 
  • 3.045,96 MAD (aktuell ca. 292,77 EUR) pro Monat.

Für landwirtschaftliche Tätigkeiten wird der Mindestlohn ab dem 01.04.2025 auf 93 MAD (aktuell ca. 8,94 EUR) pro Arbeitstag festgesetzt.

Arbeitsstunden / Regelarbeitstage pro Woche: Im Industrie-, Handel- und Dienstleistungssektor- beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 44 Stunden (maximal 10 Stunden pro Tag). In der Landwirtschaft sind es 48 Stunden pro Woche ohne tägliches Limit.
Zulässige Überstunden: Überstunden sind gesetzlich geregelt und werden als Arbeitszeit definiert, die über die festgelegten täglichen, wöchentlichen oder jährlichen Grenzen hinausgeht. Unternehmen können bis zu 20 zusätzliche Überstunden pro Monat anordnen, mit einem jährlichen Maximum von 100 Stunden pro Arbeitnehmer. 
Bezahlte Feiertage: Es gibt acht gesetzliche nationale Feiertage pro Jahr, die jährlich per Dekret festgelegt werden. Dazu gehören der Throntag (30. Juli), der Tag des Grünen Marsches (6. November) sowie der Tag der Unabhängigkeit (18. November). Hinzu kommen sechs gesetzliche religiöse Feiertage (insbesondere Aïd al-Fitr, Aïd al-Adha, Mawlid An-Nabawi), die sich nach dem islamischen Mondkalender richten.
Bezahlte Urlaubstage: Arbeitnehmer haben nach sechs Monaten ununterbrochener Beschäftigung Anspruch auf 1,5 Tage bezahlten Urlaub für jeden Monat tatsächlicher Arbeit, also 18 Tage pro Jahr. Für Arbeitnehmer unter 18 Jahren erhöht sich der Anspruch um zwei Tage pro Monat. Nach jeweils fünf Jahren Betriebszugehörigkeit erhöht sich der Anspruch um 1,5 Tage, maximal jedoch auf 30 Tage.
Mutterschutz: Schwangere Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von insgesamt 14 Wochen, der in der Regel in zwei Phasen unterteilt wird: sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Während des Mutterschaftsurlaubs besteht ein Kündigungsschutz, der es Arbeitgebern untersagt, schwangere Arbeitnehmerinnen zu entlassen. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, schwangeren Frauen geeignete Arbeitsbedingungen zu bieten, um ihre Gesundheit und die ihres ungeborenen Kindes zu schützen.
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Im Krankheitsfall haben Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung von Krankengeld ab dem vierten Krankheitstag. Bei einer voraussichtlichen Krankheitsdauer von mehr als vier Tagen ist innerhalb von 48 Stunden ein ärztliches Attest vorzulegen.

Probezeit: In Marokko ist eine Probezeit nicht gesetzlich vorgeschrieben; es steht den Parteien jedoch frei, eine solche zu vereinbaren. Dabei sind folgende Regelungen zu beachten:

Unbefristete Arbeitsverträge:

  • Führungskräfte: Maximal drei Monate, mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung um weitere drei Monate
  • Angestellte: Maximal sechs Wochen, ebenfalls mit der Option einer einmaligen Verlängerung um weitere sechs Wochen

Befristete Arbeitsverträge:

  • Vertragsdauer von sechs Monaten oder mehr: Maximal sechs Wochen
  • Vertragsdauer unter sechs Monaten: Maximal 15 Tage

In Marokko bedürfen Arbeitsverträge nicht notwendig der Schriftform. Falls jedoch ein schriftlicher Vertrag gewählt wird, müssen davon zwei Exemplare erstellt werden (Artikel 15 Abs. 2 ArbG), und bei unbefristeten Verträgen sollte eine Legalisierung der Unterschriften erfolgen. Unterzeichnen kann entweder ein gesetzlicher Vertreter des Unternehmens oder eine ausdrücklich dazu bevollmächtigte Person, unabhängig von der Position des Arbeitnehmers.

 

Die Vertragssprache sollte Arabisch, Tamazight (Berberisch) oder Französisch sein. Zwar sind zweisprachige Fassungen mit Englisch oder Deutsch denkbar, doch wenn eine dieser Sprachen als führende Vertragssprache bestimmt wird, ist eine beglaubigte Übersetzung eines vereidigten Übersetzers notwendig, spätestens im Streitfall. Dies kann die Kosten für den Vertrag und spätere Änderungen erheblich erhöhen. Falls kein schriftlicher Vertrag vorliegt, haben Gerichte in der Vergangenheit eidesstattliche Erklärungen oder Gehaltsabrechnungen als Nachweis für das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses akzeptiert.

 

Es gibt jedoch Fälle, in denen die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist. Dazu gehören insbesondere die Anstellung eines Handelsvertreters oder der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags. Verzichten die Parteien bei einem Arbeitsvertrag auf die Schriftform, gilt dieser als unbefristet.

 

Soll ein Arbeitnehmer an betriebsinterne Richtlinien gebunden werden, empfiehlt es sich, nicht nur einen allgemeinen Verweis darauf in den Vertrag aufzunehmen. Die Richtlinien sollten als Anhang beigefügt werden oder der Arbeitnehmer schriftlich bestätigen, dass er diese erhalten, gelesen und akzeptiert hat.

 

Befristungsmöglichkeiten

In Marokko unterliegt die Befristung von Arbeitsverträgen gesetzlichen Vorgaben. Ein befristeter Arbeitsvertrag ist nur zulässig, wenn ein legitimer sachlicher Grund vorliegt. Dazu gehören insbesondere:

 

  • Saisonarbeit, beispielsweise in der Landwirtschaft oder im Tourismussektor mit schwankender Nachfrage;
  • Vorübergehender Ersatz für einen abwesenden Arbeitnehmer, etwa bei Elternzeit, längerer Krankheit oder einer Beurlaubung;
  • ein erhöhter, aber zeitlich begrenzter Arbeitsbedarf, beispielsweise bei Auftragsspitzen, Großprojekten oder Veranstaltungen;
  • ein zeitlich begrenztes Projekt, bei dem die Arbeitsstelle mit dem Abschluss des Projekts endet.

 

Die maximale Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags beträgt ein Jahr, wobei eine einmalige Verlängerung zulässig ist. Wird der Arbeitnehmer nach Ablauf dieser Frist weiterhin beschäftigt, gilt das Arbeitsverhältnis automatisch als unbefristet.

 

Ein befristeter Vertrag kann unwirksam sein, wenn der tatsächliche Arbeitsumfang oder die Art der Tätigkeit nicht in die oben genannten Kategorien fällt. In solchen Fällen kann das Arbeitsgericht auf Antrag oder von Amts wegen den Vertrag als unbefristeten Arbeitsvertrag umqualifizieren.

 

Spezialregelungen für ausländische Arbeitnehmer

Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in Marokko unterliegt spezifischen gesetzlichen Bestimmungen, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer beachten müssen.

 

Genehmigungsverfahren: Arbeitgeber, die ausländische Mitarbeiter einstellen möchten, sind zunächst verpflichtet, eine Genehmigung des marokkanischen Arbeitsministeriums einzuholen. Der Arbeitsvertrag muss dabei dem von der Verwaltung vorgegebenen Modell, dem sogenannten "Contrat de Travail Etranger" (CTE), entsprechen.

 

Nachweis der Nichtverfügbarkeit einheimischer Arbeitskräfte: Sodann ist eine Bestätigung der Agence Nationale de Promotion de l’Emploi et des Compétences (ANAPEC) einzuholen, die bescheinigt, dass keine marokkanischen Staatsbürger für die betreffende Position verfügbar oder qualifiziert sind. Diese Bescheinigung ist Voraussetzung für die Erteilung der Arbeitserlaubnis.

 

Bestimmte Fälle sind von dieser Regelung ausgenommen, beispielsweise wenn Mitarbeiter von Muttergesellschaften zur Tochtergesellschaft nach Marokko entsandt werden.

 

Erteilung der Arbeitserlaubnis: Für die Beantragung der Arbeitserlaubnis sind bei der zuständigen Behörde des marokkanischen Arbeitsministeriums die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Die Bearbeitungszeit für die Genehmigung liegt in der Regel zwischen drei Wochen und zwei Monaten. Nach Erhalt der Arbeitserlaubnis genießen ausländische Arbeitnehmer die gleichen Rechte wie einheimische Beschäftigte und können ihre Gehälter ins Ausland transferieren.

 

Visum & Aufenthaltsgenehmigung: Im Anschluss an die Erteilung der Arbeitserlaubnis können, hierauf basierend, Arbeitsvisum und Aufenthaltsgenehmigung für die ausländischen Arbeitnehmer beantragt werden.

 

Betriebliche Ordnung

Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten sind gemäß Artikel 138 ArbG verpflichtet, eine betriebsinterne Ordnung ("règlement intérieur") zu erstellen, welche innerhalb von drei Monaten nach Betriebsaufnahme einzuführen und der zuständigen Behörde ("autorité gouvernementale chargée du travail") vorzulegen ist. Dabei sind mindestens zu nennen:

 

  • Arbeitszeiten und Pausen
  • Regelungen zu Abwesenheiten und Urlaub
  • Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften
  • Disziplinarmaßnahmen und ihre Anwendung

 

Die betriebliche Ordnung ist den Arbeitnehmern zugänglich zu machen, indem sie beispielsweise an gut sichtbaren Orten im Betrieb ausgehängt wird. Auf Verlangen ist den Arbeitnehmern auch eine Kopie auszuhändigen.

 

Gewerkschaftsrechte / Streikrecht

In der marokkanischen Verfassung von 2011 ist das Recht der Arbeitnehmer, Gewerkschaften zu gründen und ihnen beizutreten, in Artikel 8 verankert. Zusätzlich schützt Artikel 29 das Streikrecht und die Versammlungsfreiheit. Das Arbeitsgesetz konkretisiert dieses Recht und legt fest, dass Gewerkschaften berechtigt sind, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und Tarifverhandlungen zu führen.

 

Am 03.02.2025 wurde ein neues Streikgesetz (Loi organique n° 97.15) verabschiedet, das die Bedingungen und Modalitäten für die Ausübung des Streikrechts neu definiert. Das Gesetz erweitert das Streikrecht auf alle Berufstätigen, einschließlich Hausangestellter und Selbstständiger, und sieht Geldstrafen von bis zu 200.000 MAD für Arbeitgeber vor, die das Streikrecht behindern. Es führt zudem die Streikdefinition gemäß den Richtlinien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ein und erkennt Solidaritäts- und politische Streiks ausdrücklich an.

 

Dennoch wird das Gesetz kontrovers diskutiert. Gewerkschaften kritisieren, dass das Gesetz ohne ausreichende Abstimmung mit den Sozialpartnern verabschiedet wurde und befürchten, dass das Gesetz das Streikrecht in der Praxis sogar einschränken könnte. Denn das Gesetz erlaubt es der Regierung, Streiks, die die öffentliche Ordnung stören, einzuschränken oder gar zu verbieten. Mehrere Gewerkschaften haben daher Klage beim Verfassungsgericht eingereicht und argumentieren, dass das Gesetz gegen Artikel 29 der Verfassung verstoße, der die Versammlungs- und Streikfreiheit garantiert. 

 

Tarifvertragssystem

Das marokkanische Arbeitsrecht erkennt Tarifverträge ("conventions collectives de travail") als Instrument zur Festlegung von Arbeitsbedingungen an. Dabei definiert Artikel 92 ArbG die Tarifverträge als "Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften zur Festlegung von Arbeitsbedingungen".

 

Diese Verträge werden somit ausgehandelt und können auf betrieblicher, sektoraler oder nationaler Ebene abgeschlossen werden. Sie ergänzen die gesetzlichen Bestimmungen und können vorteilhaftere Regelungen für Arbeitnehmer enthalten. Die genauen Verfahren und Anforderungen für den Abschluss von Tarifverträgen sind im ArbG in den Artikel 92 ff. festgelegt.

 

Vertragsbeendigung

Gemäß Artikel 39 ArbG kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag bei schwerwiegendem Fehlverhalten des Arbeitnehmers fristlos kündigen. Das Gesetz normiert die Gründe abschließend:

 

  • Unentschuldigtes Fehlen von mehr als vier Tagen oder acht halben Tagen innerhalb eines Jahres;
  • Weigerung, arbeitsrelevante Anweisungen zu befolgen;
  • Diebstahl oder Vertrauensbruch;
  • Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen.

 

Erforderlich ist, dass hierdurch der ordentliche Betrieb beeinträchtigt wird. Zur Feststellung des schwerwiegenden Fehlverhaltens hat die Arbeitsinspektion ein Protokoll zu erstellen.

 

Wenngleich dies seltener vorkommen dürfte, steht auch dem Arbeitnehmer ein fristloses Kündigungsrecht bei schwerwiegendem Fehlverhalten des Arbeitgebers zu. Die Gründe hierfür sind in Artikel 40 ArbG genannt.
Auch im Falle einer einvernehmlichen Kündigung ist die Einbindung des Arbeitsinspektors von zentraler Bedeutung, da in Ermangelung der Protokollierung der Vereinbarung diese selbst bei Auszahlung der Abfindung und Entschädigung unwirksam ist und daher das Unternehmen sowohl prozessual als auch steuer- und abgabenrechtlich exponiert.

 

Kündigungsfristen

Nach dem marokkanischen Arbeitsrecht müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Kündigungsfrist einhalten, außer bei grobem Fehlverhalten einer der Parteien oder im Falle höherer Gewalt (Art. 43 ArbG). Die Frist ist abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie von der Position des Arbeitnehmers.

 

Der Arbeitsvertrag, der Tarifvertrag, eine interne Betriebsregelung oder eine gängige Betriebspraxis dürfen keine kürzere Kündigungsfrist enthalten.

 

Abfindungsregelungen

Entschädigung bei fristloser Kündigung

 

Jede fristlose Kündigung eines unbefristeten Arbeitsvertrags oder die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist führt – sofern sie nicht durch ein schweres Fehlverhalten begründet ist – zu der Verpflichtung der verantwortlichen Partei, der anderen Partei eine Entschädigung zu zahlen. Diese kompensiert die ausfallende Vergütung während der Kündigungsfrist, die der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er an seinem Arbeitsplatz geblieben wäre (Art. 51 ArbG).

 

Die "Kündigungsentschädigung" bezieht sich auf eine Situation, in der der Arbeitsvertrag beispielsweise mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt wurde und der Arbeitnehmer für diese drei Monate von der Arbeit freigestellt wird, aber in dieser Zeit sein Gehalt erhält. Dies hat im Grunde die gleiche Wirkung wie eine zusätzliche Entschädigung. Während der Kündigungsfrist ist der Arbeitnehmer jedoch weiterhin zur Arbeit verpflichtet, und es ist allein die Entscheidung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen.

 

Entschädigung bei ungerechtfertigter Kündigung

 

Im Falle eine ungerechtfertigten Kündigung ist eine Entschädigung gemäß Art. 41 des Arbeitsrechtsgesetzes in Höhe von 1,5 Monatsgehältern pro Dienstjahr bis zu einem Höchstbetrag von 36 Monatsgehältern (der erst nach 24 Dienstjahren erreicht wird) fällig. Da diese Abfindung den Schaden aufgrund einer ungerechtfertigten Entlassung durch den Arbeitgeber ausgleichen soll, wird sie im Falle einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht fällig. Ebenso ist sie ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer in einer höheren Position im Unternehmen bleibt.

 

Frühere Dienstzeiten werden bei der Berechnung der Abfindung und Kündigungsentschädigung angerechnet. Eine vertragliche Beschränkung der Anrechnung, beispielsweise beim Übertritt aus einer anderen Konzerngesellschaft ist nicht zulässig.

 

Auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen und der einschlägigen Rechtsprechung lässt sich relativ leicht die Entschädigungshöhe berechnen, die ein Arbeitnehmer im Falle einer Klage gerichtlich erwirken könnte. Diese Zahl ist auch als Verhandlungsgrundlage mit dem Arbeitnehmer nützlich, um das Prozessrisiko und die Prozesskosten realistisch abzuwägen.

 

Von Christian Steiner (Ule & Steiner SLP) | Casablanca, Sophie Greiner (MIDEAST|Law) | Casablanca

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