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Deutsch-marokkanische Handelsbeziehungen mit Steigerungspotenzial

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Das Wachstum im deutsch-marokkanischen Warenaustausch ist beeindruckend. Damit befindet sich Deutschland trotzdem nicht unter den fünf wichtigsten Handelspartnern des Königreichs.

Drapeaux

Von Ullrich Umann | GTAI

Das bilaterale Handelsvolumen lag im Jahr 2023 bei knapp 6 Milliarden Euro. Die deutschen Exporte nach Marokko stiegen wertmäßig um 14,1 Prozent und die deutschen Importe legten um 32,6 Prozent zu. Trotz dieses Wachstums blieb Deutschland im Ranking der marokkanischen Handelspartner hinter Spanien, Frankreich, China, Italien und den USA zurück. 

An der Nachfrage nach hochwertigen Kapital- und Investitionsgütern sowie Vor- und Zwischenprodukten zur Weiterverarbeitung kann es nicht liegen, dass Deutschland keinen besseren Platz in der marokkanischen Außenhandelsstatistik belegen konnte. So führte das Land nach den jüngsten amtlichen marokkanischen Angaben schon im Jahr 2022 Industrieausrüstungen aus der gesamten Welt im Wert von 139,7 Milliarden Dirham (rund 12,5 Milliarden Euro) ein.
 

Marokko kommt bei der Industrialisierung voran

Das nordafrikanische Land fährt seit gut 20 Jahren einen auf Wachstum getrimmten und auf exportträchtige Schwerpunktbranchen ausgerichteten Ansiedlungs- und Industrialisierungskurs. Er wird begleitet von einem massiven Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Marokko katapultierte sich damit in Afrika im Automobilbau auf Platz zwei nach Südafrika und in der Luft- und Raumfahrtindustrie auf Platz drei nach Südafrika und Ägypten. 

Mit der Bahn- und Schienentechnik strebt das Land einen Aufschwung in einem dritten technologie- und kapitalintensiven Industriezweig an. Milliardenschwere Ausschreibungspakete der Bahngesellschaft ONCF sollen ausländische Branchengrößen zu Investitionen in das Schienennetz sowie in die Wartung und Montage von Hochgeschwindigkeitszügen bewegen. Dazu zählt auch das Ausrollen der dazu notwendigen Zulieferindustrien. 
 

Wirtschaft wird zunehmend grün

Beachtlich ist ebenfalls der grüne Umbau der Energiewirtschaft: Ab 2027 soll der Anteil von Wind- und Sonnenstrom am Energiemix die Marke von 50 Prozent erreichen. Bis zum Jahr 2030 sollen gemäß den Ausbauplänen genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen, um grünen Wasserstoff exportieren zu können, vorzugsweise in Richtung Europa. 

Der Phosphatkonzern OCP möchte Technologie zur Herstellung grünen Ammoniaks für den Eigenbedarf erwerben und ist eigens zu diesem Zweck im April 2024 ein Joint Venture mit der australischen Firma Fortescue Energy eingegangen. Diese hat sich auf Erzeuger- und Speicheranlagen für grünen Wasserstoff spezialisiert. Im Herbst 2023 fand in Düsseldorf eine B2B-Veranstaltung von OCP zur Suche möglicher deutscher Technologiepartner statt. Sie führte jedoch offensichtlich zu keinem vergleichbaren Ergebnis.
 

Deutsche Exporte bei Kfz und Elektrotechnik wachsen

Innerhalb der wichtigsten deutschen Ausfuhrnomenklatur, Kraft- und Landfahrzeuge, überwogen 2023 Personenkraftwagen mit einem Lieferwert von 364,8 Millionen Euro (plus 4,3 Prozent gegenüber 2022), gefolgt von Lastkraftwagen im Wert von 38,5 Millionen Euro (minus 45,2 Prozent) und Kfz-Teilen für 46,5 Millionen Euro (plus 32,8 Prozent).

Bei den elektrotechnischen Erzeugnissen belegten Geräte und Sicherungen für Stromkreise bis 1.000 Volt mit einem Lieferwert von 120,6 Millionen Euro (plus 30,4 Prozent) die Führungsposition. Danach reihten sich Stromerzeugungsanlagen und elektrische Umformer für 75,0 Millionen Euro (14,0 Millionen im Vorjahr), Isolierteile mit 66,4 Millionen Euro (plus 19,7 Prozent) sowie isolierte Drähte, Kabel und Koaxialkabel für 50,9 Millionen Euro (plus 45,2 Prozent) in dieser Reihenfolge ein. 

Medizinische Apparate und Geräte brachten es innerhalb der Gruppe der elektrotechnischen Erzeugnisse mit einem Lieferwert von 35,7 Millionen Euro zwar nur auf Platz neun. Doch wurde damit mit einem Plus von 33,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr eine beachtliche Liefersteigerung erzielt. Das weckt längerfristige Wachstumserwartungen, zumal die öffentliche und private Hand in die Stärkung der Gesundheitsfürsorge investiert.


Maschinen aus Deutschland sind rege nachgefragt

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau lieferte 2023 an erster Stelle Druckmaschinen (40,6 Millionen Euro, plus 11,1 Prozent), Armaturen sowie Ventile für Rohr- und Schlauchleitungen (13,1 Millionen Euro, plus 23,7 Prozent) sowie Maschinenwellen, Kurbeln und Lagergehäuse (13,1 Millionen Euro, plus 23,7 Prozent). Zusätzlich weist die Statistik von Destatis die sehr allgemein formulierte Position "andere Maschinen, Apparate und mechanische Geräte" mit einem Lieferwert von 30,3 Millionen Euro auf. Hier lag die Liefersteigerung gegenüber dem Vorjahr bei 40,8 Prozent. 

Potenzielle Abnehmer findet der deutsche Maschinenbau neben den oben genannten exportorientierten Industrien in den marokkanischen Herstellerbranchen für Baustoffe, Nahrungsmittel und Getränke, Kunststoffe, Chemieerzeugnisse, Pharmaprodukte, Textilien und Bekleidung, Lederwaren und Metallerzeugnisse.


Deutsche Direktinvestitionen mit Wachstumspotenzial

Die deutsche Wirtschaft investiert in Relation zu den wirtschaftlichen Potenzialen Marokkos recht wenig. Sowohl das wertmäßige Investitionsvolumen als auch die Projektanzahl blieben überschaubar: Der Bestand der deutschen Direktinvestitionen hatte sich laut den jüngsten Angaben der Deutschen Bundesbank 2021 auf 1,3 Milliarden Euro kumuliert. Doch macht dieser Betrag einen Anteil von lediglich 0,09 Prozent am gesamten Kapitalbestand deutscher Unternehmen im Ausland aus. Zumindest scheint nach 2020 Bewegung in die deutschen Direktinvestitionen gekommen zu sein, wie die nachfolgende Grafik veranschaulicht.

Auch die Zahl der investierenden deutschen Firmen weist einen Anstieg auf: Hatten sich 2022 lediglich drei Unternehmen für eine Direktinvestition entschieden, waren es 2023 schon elf. Damit waren zum Jahreswechsel 2023/24 insgesamt 29 deutsche Unternehmen mit einer eigenen Dienstleistungsinfrastruktur beziehungsweise einer eigenen Montage permanent vor Ort. Unter den Herkunftsländern für Direktinvestitionen lag Deutschland gemessen an der Firmenzahl damit auf Rang vier nach Frankreich (78 Firmen), den USA (39 Firmen) und Spanien (35 Firmen). 

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